Führt
Faulheitsdiskussion bei
Lehrern zu Koalitionskrach?
Im
Zuge der allgegenwärtigen Bemühungen, Mittel und Wege
zu suchen, wie die über lange Jahre angewachsenen Löcher
im Staatsbudget zu schließen seien, machen sich Spezialisten
quer durch alle Parteien so ihre Gedanken, um Potentiale für
Sanierungen zu finden.
So auch im Bereich des öffentlichen Dienstes und im speziellen
bei den Lehrern. Von Seiten der zuständigen Ministerin, welche
gemäß Aktenlage für Vorschläge betreffend Sparpotentiale
zuständig wäre, hörte man diesbezüglich noch
nicht viel.
Weil aber die Vizekanzlerin im übergeordneten Sinn für
alle Beamten, somit auch für die Untergruppe der Lehrer zuständig
ist, machte sie sich halt auch so ihre Gedanken (Kompetenzüberschneidungen
sind im System nichts seltenes).
Ergebnis dieser Analysen, welches gemäß Berechnungen
einen potentiellen Einspareffekt für das Budget in Höhe
von vier Milliarden bringen würde, war folgendes Modell:
Heute
wird als Basis für die Überstundenberechnung das Grundgehalt
plus Zulagen herangezogen. Zukünftig soll, wie bei allen anderen
Berufsgruppen, zur Berechnung nur das Grundgehalt herangezogen werden.
Heute
hat eine Überstunde einen
Wert von 7,5% des monatlichen Einkommens. Dieser Wert soll wieder
auf 6,34% reduziert werden, wie es vor der letzten Anpassung der
Fall war.
Pro
Woche soll eine Stunde, die der Lehrer sonst für Vorbereitung
und andere Tätigkeiten verwendet, dem aktiven Unterricht gewidmet
werden. Er bekommt dafür keine zusätzliche Entlohnung
als Überstunde.
Außerdem
wird erwogen, im Sinne
der Schulautonomie die Bedeutung
der Landesschulräte kritisch zu hinterfragen mit dem Ziel,
deren Aufgaben den Schulen selbst zu delegieren und sie somit ersatzlos
zu streichen.
Warum
über diese Vorschläge keine interne Abstimmung erfolgte,
ist nicht bekannt. Und es scheint auch so, als wäre dies ein
erstes Thema, welches ein eher unkoordiniertes Vorgehen der Koalitionspartner
offen legt.
Jedenfalls sind sowohl Gewerkschaften, wie auch die zuständige
Ministerin völlig sprachlos, wie man auf solche Ideen kommen
kann. In verschiedenen Medien wird in diesem Zusammenhang schon
von einem fliegen der Fetzen berichtet...
Die
Reaktionen der Ministerin zeigen jedenfalls kaum den eigenen Willen
zur Kreativität. Die Reaktion lapidar, Einsparungen über
einer Milliarde kann ich mir nicht vorstellen.
Die eine Milliarde soll erreicht werden, indem teilweise Ausfallstunden
nicht mehr suppliert werden sollen. Punktum. Interessanterweise
bezeichnet die Ministerin, eine ehemalige Handarbeitslehrerin, das
als eine Strukturmaßnahme...
Im
Interview wirft die Ministerin der VK vor, sich einfach nicht auszukennen,
weil sie sich nicht auskennen kann, da es sich dabei um ein sehr
kompliziertes System handelt, in das man sich sehr lange einarbeiten
muß...
Im
Gegenzug wundert sich die VK, daß konstruktiv gemeinte Vorschläge,
die ganze Sache ein wenig in Bewegung zu bringen, offenbar als Vorwurf
interpretiert wurden und somit emotionale Kettenreaktionen auslösten.
Interessant
wäre in diesem Zusammenhang, welchen Betrag das Gesamtbudget
für dieses Ministerium eigentlich umfaßt. In der Wirtschaft
werden mit Hilfe von echten Strukturprogrammen, je nach Branche,
Kostensenkungen von 20 % und mehr, bei gleichzeitiger Steigerung
von Qualität und Produktivität erreicht.
Das geht natürlich nur, wenn man will. Wenn die Grundhaltung
ist, sich Dinge nicht vorstellen zu können, entstehen solche
Modelle nicht von selbst.
Interessant
ist in diesem Zusammenhang, daß die ÖVP dominierten Gewerkschaften
Plakataktionen unter dem Motto Kopf oder Zahl, Bildung darf
nicht Glückspiel werden planen, sich damit also offenbar
gegen den Abbau der Bildungsqualität richten.
Es ist aber gerade der Vorschlag der ÖVP Ministerin, die eine
Reduktion der Leistungen gegenüber dem Schüler vorsieht,
wenn nicht suppliert wird...
Das
Modell der VK enthält soweit bis jetzt bekannt, keine diesbezüglichen
Leistungskürzungen, sondern nur Maßnahmen, die den Lehrern
bei meist unverändertem Gehalt (insbesondere wenn keine Überstunden
erforderlich sind), nur geringfügige Mehrleistung abverlangt.
Die Optik ist also für die Ministerin nicht die beste. Man
darf gespannt sein, ob und wie der Kanzler in diese Sache eingreifen
wird. Die ÖVP Gewerkschaft meint, bevor er seine Ministerin
im Stich läßt, zerreißt eher die Koalition...
Insgesamt
zeigt die Diskussion jedenfalls einmal mehr, daß echte Strukturreformkonzepte
scheinbar weder geplant noch in Bearbeitung sind, sonst würde
die Sache ganz anders laufen.
Was hingegen stark durchschlägt, ist eine ausgeprägte
Beharrungskompetenz, die unabhängig von geänderten Rahmenbedingungen,
möglichst alles so bewahren will, wie es ist. Auch unter Androhung
von Streik, wie die Gewerkschaft schließlich durchblicken
läßt.
Arme
Steuerzahler...
Siehe
auch Satyre faule Lehrer 2 im selben Programm. Dort
werden die Hintergründe ausführlicher behandelt.
Faule
Lehrer1, R1-20000708
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