ULK - ja oder nein? |
Eine grundsätzliche Eigenschaft deregulierter Energiemärkte ist die Tatsache, daß das Verteilnetz, über welches die Energieform transportiert wird, von der eigentlichen darüber transportierten Energie, betrachtungsmäßig getrennt wird. Beim Strom ist das der elektrische Netzanschluß, der von dem darüber bezogenen Strom betrachtungsmäßig getrennt wird. Beim
Gas wäre das analog dazu das Rohrleitungsnetz, welches den einen
Teil der Versorgungsleistung darstellt, und andererseits das eigentliche
Gas welches als Energie bezogen wird. Also zwei separate Rechnungspositionen. Der Gaskunde hat also zwei Vertragspartner. Einen, der für den Netzanschluß sorgt und diesen in Rechnung stellt und einen anderen, der das darüber verteilte Gas verkauft und verrechnet. Soweit die Theorie... Nun taucht in den Regeln zur Gasliberalisierung der Begriff des sogenannten "One Stop Shop" auf. Der Gesetzgeber nimmt also einen englischen Begriff in die österreichische Gesetzesvorschrift auf. Die Frage ist demnach, was bedeutet "One Stop Shop" auf deutsch. Wahrscheinlich gibt es diesen Ausdruck in der deutschen Sprache nicht, sonst hätte man ihn ja verwenden können. Meine Deutung ist die folgende Übersetzung: "Alles aus einer Hand" Geschäftsbeziehung. Das könnte also heißen, daß man die eingangs erwähnte Trennung zwischen Netz und Energie so organisiert, daß sie sich dem Kunden gegenüber nicht darstellt. Tatsache ist jedenfalls, daß ein Kunde nicht den Betreiber seines Netzanschlusses, sondern nur seinen Gasversorger wechseln kann. Also den Händler, der ihm das Gas verkauft. Wie das bei einer "Alles aus einer Hand" Geschäftsbeziehung funktioniert, bleibt zunächst mal dahingestellt. Ich hab mir das sogenannte "Beziehungsgeflecht" von der E-Control Homepage besorgt (2003). Es stellt die beteiligten Organisationseinheiten dar, die im deregulierten Gashandel aktiv sind. Man erkennt sehr einfach die Zusammenhänge, oder?
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Zum Endkunden gibt es auf dieser Darstellung genau drei Beziehungen: den Netznutzungsvertrag, den Energieliefervertrag und die mit "12" bezeichnete Möglichkeit, vom Netzbetreiber auf Wunsch detaillierte Daten über den tatsächlichen Verbrauch zu bekommen. Möglicherweise ist "One Stop Shop" für Politiker die technologisch richtige Bezeichnung für so eine Dreierbeziehung, wer weiß das schon ... Wie spielt sich nun der Gashandel ab? Wie funktioniert also die Tatasche, daß ich mein Gas von einem Versorger A beziehe und mein Nachbar, der auf genau der gleichen Anschlußleitung hängt, sein Gas von einem anderen Versorger B? Physikalisch ist klar, daß es sich um ein und dasselbe Gas handelt, welches unter verschiedenen Titeln bezogen wird. Auch ursprungsmäßig ist bekannt, daß das gesamte österreichische Gas aus einer gemeinsamen Pipeline stammt, welche aus dem fernen Sibirien kommt. Das Geschäftsprinzip ist ähnlich wie bei der elektrischen Energie. Mehrere Händler verkaufen ihren Kunden Gas, welches alle aus ein und derselben Quelle beziehen, nämlich aus der Sibirienpipeline. Wie bei der elektrischen Energie, hat der Händler Null Einfluß auf die Eigenschaften der von ihm gehandelten Ware Gas. Trotzdem liegt dem Marktsystem zugrunde, daß es Händler gibt, die dieses Gas wesentlich billiger an die Kunden verkaufen können als andere, sonst wär's ja kein Wettbewerb ... Sollte das tatsächlich möglich sein, reduziert sich die Gruppe der Händler nach einiger Zeit aber auf einen einzigen, nämlich den billigsten. Andernfalls müßten Kunden für ein und dasselbe Gas, bei einem anderen Versorger nämlich mehr zahlen, was langfristig nicht einleuchtend erscheint. Es stellt sich also die Frage, was kann neue Händler veranlassen, neben den bestehenden ehemals integrierten Versorgungsunternehmen, am Markt in den Gashandel einzusteigen? Mir fällt spontan eigentlich keine Antwort ein. Physikalisch kommt beim Gas noch eine Komplikation dazu. Beim Strom ist die Sache bekanntlich so, daß er im exakt selben Moment erzeugt wird, in dem er verbraucht wird, er läßt sich nämlich nicht direkt speichern. Beim Gas ist das nicht so. Gas existiert in Form von Volumen in den Leitungen wirklich und kann bei Bedarf daher auch gespeichert werden. Nun wieder zurück zur Aufgabe des Gashändlers. Er muß am Vortag das Gasvolumen, welches seine Kunden voraussichtlich verbrauchen werden prognostizieren und dann für diese Gasmenge mit seinem Vorlieferant einen Einspeisevertrag in das jeweilige Netz abschließen. Das machen nun alle Gashändler und somit wird in jedes Netz eine Gasmenge eingespeist, die der Summe aller Händlerverträge entspricht. Das Netz ist ja gemeinsam, weil es nur eines gibt. Diese Menge kann als Gesamtvolumen gemessen werden und verrechnungsmäßig fiktiv auf die einzelnen Händler aufgeteilt werden. Auf Abnehmerseite ergibt sich die Frage, wie stellt man nun täglich fest, was der einzelne Kunde wirklich verbraucht hat, um es dem jeweiligen Gashändler zuzurechnen. Faktum ist, daß man mit Ausnahme einiger weniger sehr großer Verbraucher, die auch eine spezielle Meßeinrichtung zur täglichen Verbrauchsermittlung haben, alle kleinen Gasbezieher nur etwa einmal im Jahr abliest und somit den Gesamtverbrauch bestimmt. Man kann also erst nach einem Jahr wirklich feststellen, ob das was der einzelne Händler täglich gemacht hat, in der Summenbilanz stimmte oder nicht. Im Jahresrhythmus stellt sich also heraus, ob die Summe an Gas die ein Händler in das Netz eingespeist hat, mit die Summe aller Verbrauche seiner Kunden deckungsgleich ist. Wenn nicht, hat er entweder ein fiktives Guthaben, oder zur Deckung des Bedarfs seiner Kunden mußte ein Jahr lang "Ausgleichsgas" zugeschossen werden, welches im nachhinein teuer zu Buche schlägt. Erschwerend kommt dazu, daß sich im Gasnetz selbst eine große Menge Gas befindet, die bei dieser Rechnung eigentumsmäßig schwer zuzuordnen ist. Ohne diesen Abschnitt restlos aufklären zu können, gehe ich nun zum nächsten Thema. Dieses Thema heißt Datenübermittlung. Sieht man sich das Beziehungsgeflecht an, erkennt man eine große Anzahl von Verbindungspfeilen. In der laufenden Abwicklung des Gasgeschäftes, entspricht jedem dieser Pfeile die zyklische Übermittlung von zugehörigen Daten. Stellt man sich diese Struktur und den damit verbundenen Aufwand vor, kann man berechtigt die Frage stellen, wieso sollte für den Endkunden das Gas bei diesem Overkill eigentlich billiger werden, oder wenn, auf wessen Substanz? Noch mehr wundert man sich, wenn man vernimmt, daß dieses Modell exerziert wird, damit 1-2 % aller Kunden den Versorger wechseln können? Die Aufwand-zu-Nutzen Relation soll jeder selbst beurteilen. Ohne in nostalgische Wehmut zu verfallen, soll kurz das frühere System anskizziert werden: Früher bezog ein Gasversorger per langfristigem Vertrag von seinem Vorlieferanten Gas. Die Gasverträge waren so gestaltet, daß die Pufferfähigkeit des Netzes die Schwankungen im Verbrauch gut ausgleichen konnte. Parallel dazu wurde bei Bedarf in Pufferspeicher befüllt bzw. entnommen um einen über das Jahr vergleichmäßigten Bezug vom Vorlieferanten zu ermöglichen. Das gesamte an der Übernahmestelle bezogene Gas gehörte zunächst dem Versorger; Versorger und Netzbetreiber waren ja identisch. Dieser lieferte das Gas an die Endverbraucher weiter und verrechnete einen Betrag, der sich aus der Summe des bezogenen Gases und der Erhaltung der Netzinfrastruktur zusammensetzte. Punktum. Das gezeigte Beziehungsgeflecht tritt nun die Nachfolge dieser einfachen Struktur an und man versucht uns gleichzeitig klar zu machen, daß die neue Struktur eine wesentlich günstigere Preisgestaltung ermöglicht ... Wahr
oder nicht wahr, Tatsachenbericht oder Erfindung - das ist hier die Frage
...
Diese
Serie wird fortgesetzt. Gasversorgung 092005 |
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